Das Detmolder Gedenkbuch
Erinnern und Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
"Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, der ist nicht tot, der ist nur fern; tot ist nur, wer vergessen wird."
– Immanuel Kant
Die Druckfassung des Gedenkbuchs für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Detmold wurde im Mai 2001 veröffentlicht. Damit lag erstmals eine Dokumentation dieser Schicksale mit einigen Fotos und auch Dokumenten vor. Basierend auf den ersten Recherchen des Archivpädagogen Wolfgang Müller in den 1990er Jahren recherchierte die Detmolder Historikerin Gudrun Mitschke-Buchholz die Biografien von 162 Opfern.
"Im Zentrum des Detmolder Gedenkbuches stehen zum größten Teil Menschen jüdischer, aber auch christlicher Religionszugehörigkeit, Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, Nachbarn, Geschäftspartner, Repräsentanten des öffentlichen Lebens und es finden sich politisch Engagierte wie Sozialdemokraten und Kommunisten. Sie wurden in Detmold geboren oder lebten hier. Manche seit Generationen. Es finden sich zudem Menschen, die hier nur zeitweise wohnten, etwa weil sie zu Besuch waren, und sich ab 1939 offiziell in den Detmolder Einwohnermeldebehörden registrieren lassen mussten. Sie alle fielen dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer und erlebten das Ende dieser Diktatur nicht mehr. Sie durchlitten Diskriminierung, eine Ausgrenzung bis zur Unsichtbarkeit, die Zerstörung ihres sozialen Umfeldes und Bezugsrahmens und dem, was sie bis dahin als ihre Heimat verstanden hatten. Sie erlebten ihre berufliche Benachteiligung bis hin zum Berufsverbot, Verfolgung und Inhaftierung sowie den Verlust der bürgerlichen Rechte. Sie durchlebten das "unausdenkbare Gegenteil" von selbstverständlichem Leben. Sie wurden zum Gegenstand bürokratischer und technischer Vollzüge herabgewürdigt und der Vernichtung preisgegeben, denn die Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung wurde ihnen abgesprochen. Manche wurden Opfer der Rechtsprechung im NS-Unrechtsstaat. Andere wiederum widersprachen in ihrer Lebensführung den Vorstellungen der Machthaber und wurden als "asozial" diffamiert, als "Bedrohung des gesunden Volkskörpers" aus der Gesellschaft ausgeschlossen und der Verfolgung preisgegeben. Gleiches galt für geistig und psychisch Kranke, die in dem "Euthanasie" bezeichneten Ermordungsprogramm als "lebensunwert" vernichtet wurden oder deren Tod durch Unterlassung billigend in Kauf genommen wurde, denn sie erhielten keine oder eine höchst fragwürdige medizinische Behandlung oder bekamen schlichtweg nicht genug zu essen und starben durch eine tödliche Mangelversorgung im Lemgoer Lindenhaus". (Quelle: Vortrag von Gudrun Mitschke-Buchholz am 20.02.2018 in Detmold)
Da ein Gedenkbuch nie vollständig und abgeschlossen ist, erfolgten bereits weitere Forschungen zu neu ermittelten Personen seit Drucklegung des Gedenkbuches durch den ehemaligen Detmolder Stadtarchivar Andreas Ruppert, Lars Lüking und insbesondere durch Gudrun Mitschke-Buchholz.
In der digitalen Fassung des Gedenkbuchs, dass seit November 2017 online steht, wurden die 162 bisherigen Kurzbiographien Detmolder Opfer von Gudrun Mitschke-Buchholz überarbeitet, eine Person, zu der es keine belastbaren Informationen gibt, wieder herausgenommen und zu 12 neuen Personen die entsprechenden Kurzbiografien veröffentlicht. Nun finden sich zu 173 Personen Informationen und Dokumente und Fotos, so weit wie möglich. Ergänzt und erheblich erweitert werden die meisten Kurzbiografien durch zahlreiche Dokumente, die vorrangig aus den Beständen des Internationalen Suchdienstes Bad Arolsen stammen. Aber auch die Unterlagen von vielen weiteren Institutionen wie Gedenkstätten und Archive liegen dem zugrunde, sodass die Dokumente aus rund 80 Institutionen stammen. Diese Dokumente sind digitalisiert in den Institutionen vorhanden und können nun auch im Detmolder Gedenkbuch eingesehen werden. Auch neue Fotos sind hinzugekommen.
Förderung
Die digitale Fassung des Detmolder Gedenkbuches wurde durch folgende Institutionen gefördert und unterstützt:
- Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V.
- Stadt Detmold
- Stadtarchiv Detmold
- Sparkasse Paderborn-Detmold
- Lippischer Heimatbund e.V.
- Ortsverein Detmold im Lippischen Heimatbund e. V.
- Lippische Landeskirche
Auch Spenden von Privatpersonen haben diese Arbeit möglich gemacht.